Die Materialien der Remida kommen wie Menschen mit Migrationshintergund, aus einer anderen Kultur/Welt. Sie kommen aus Druckereien, Schreinereien, Geschäften und großen Industriebetrieben und dringen in den soziale, kulturelle und Bildungseinrichtungen, vorzugsweise Kitas und Schulen, vor. Zumindest da, wo man ihr Potenzial erkennt und sie als Bereicherung ansieht. Stanzbleche und Folienstreifen, Druckbänder und Sprühköpfe in die Kitas, in die Schulen! Sie sind der Rohstoff für Erfindungen der Kinder dort und bereichern jede Werkstatt, jedes Atelier und erweitern den kreativen Horizont von Kinder und Erwachsenen.
Sie werden kritisch beäugt, weil sie Grenzen überschreiten. Manche meinen, sie dürften nur TÜV-geprüftes und DIN-genormtes Material verwenden. Aber das ist erstens nur die halbe Wahrheit und zweitens sind diese Dinge oft langweilig und vorgedacht. Sie bedienen manchmal Klischees und sehen so aus, wie vermeintlich alle Menschen sie haben wollen. Auch hier gibt es eine Parallele zu den Menschen mit Migrationshintergrund: Sie haben meistens viel interessantere Lebensläufe, mehr Ecken und Kanten, haben so manche Hürde gemeistert. Vielfalt statt Einfalt heißt auch in der Remida die Devise.
Remida heißt die Idee, das kreative Potenzial von Materialien, die in Industrie, Handel, Handwerk und Gewerbe abfallen, für Kinder in Einrichtungen nutzbar zu machen. Ein Laden voller Materialien, von denen man nicht den Hauch einer Ahnung hat, daß sie überhaupt existieren! Ein wahres Eldorado für Kinder auf der Suche nach dem Stoff ihrer Träume, für Erzieherinnen und Lehrer mit Hang zur kreativen Materialverwertung. In der Remida gibt es keine Spielsachen, sondern Sachen zum Spielen, Forschen, Konstruieren, Experimentieren, Gestalten…
Manche halten die Materialien für gefährlich, die Idee für unmöglich. Das betrifft auch die Menschen in den Firmen, in denen die Materialien abfallen. Über Holz und Papier hinaus ist es schwer vorstellbar was aus den Materialien, z. B. Plastikflaschen werden soll. Oder was man mit Schnipselkram anstellen kann – vor allem, wenn es so herrlich farbiges Stanzkonfetti ist.
Kinder sind hier die wahren Experten. Sie lösen die Dinge von ihrem eigentlichen Zweck und sind Meister der Imagination. Sie phantasieren völlig neue Verwendungsideen für die Dinge: Da werden die Plastikflaschen zu Triebwerken an Flugobjekten und die Heizungsrohre zu Musikinstrumenten. Das Beste im Leben ist sowieso, sich immer wieder selbst zu überraschen! Offenheit für Neues und Unbekanntes hilft in der Begegnung – sowohl bei Menschen als auch bei Materialien mit Migrationshintergrund. Offen sein für Entdeckungen und Überraschungen heißt die Devise beim Finden ohne zu suchen.
Die Remida ist der Markt, der die soziale Welt und die Wirtschaftswelt zusammenführt, eine Brücke schlägt: Betriebe können Dinge unabhängig von der Brauchbarkeit in einer konkreten Kita und in großer Menge abgeben.
Kita-Teams und Kinder entdecken Dinge, die ihnen sonst unbekannt geblieben wären. Kinder finden ein reichhaltiges Materialangebot zum Konstruieren und Gestalten. Die Remida verleiht diesen Schätzen eine zweite Seele und sorgt für Kreativitätstransfer. Die Gesellschaft profitiert vom gemeinschaftlich und mit einfachen Mitteln ermöglichten Erfindergeist. Kreativität ist der rote Faden, der sich durch die Remida spinnt, zu dem alle ganz leicht etwas beitragen können und der ihr Entwicklungspotenzial ist.
Die Idee kommt übrigens aus Italien, aus der Emilia Romagna, eine traditionell sozialistische und auch reiche Provinz. Die Menschen dort betrachten Erziehung als Gemeinschaftsaufgabe – alle sind beteiligt, alle bringen sich ein. Die Remida in Reggio hat inzwischen eine fast 20jährige Entwicklungsgeschichte und ist ein Erfolgsmodell mit vielen Kooperationspartnern.
Es gibt kaum eine Branche, die für die Remida ungeeignet ist. Die Remida freut sich, wenn immer mehr Materialien emigrieren und untertützt aktiv deren Integration. Betriebe, die die Migration von Materialien zulassen wollen und sich für kreativ statt Container entscheiden, sind willkommen.